Zeitschrift Ferrum, Ausgabe Januar 2001
  Für die Umwelt geizt Buchholz nur beim Sand



Funkgesteuert setzt der Deckenkran einen Formkasten auf ein überdimensionales Sieb. Einige Sekunden später sind am Zugang des Gehäuses, in dem sich dieses „Sieb“ befindet, deutliche Schwingungen spürbar. Der Gießsand bröckelt und fließt aus dem Formkasten. Doch kein Krümel Staub kommt aus dem Gehäuse, obwohl es „dachlos“ in der Gießhalle der Zweibrücker Buchholz & Cie. steht.

Firmenchef Dipl.-Ing. Walter Buchholz erläutert: „Pro Stunde saugt hier ein Gebläse rund 38.000 Kubikmeter Luft ab. Da hat auch der kleinste Staubpartikel keine Chance, den Weg ins Freie zu finden. Erst gefiltert, dann staubdicht verpackt wird er entsorgt.“

Der Auspackrost – technisch weniger korrekt ein überdimensioniertes Sieb – und das Gebläse sind Teile eines hochmodernen Sand-Recycling-Systems, dessen erste Baustufen vor fünf Jahren in der Pirmasenser Straße von Zweibrücken in Angriff genommen wurden.

Dipl.-Ing. Buchholz: „Über zwei Millionen Mark haben wir in diese Umweltschutzanlage investiert und transportieren dadurch heute nur ein Viertel der Menge an Abfallsand auf die Deponie, die früher bei uns anfiel.“

Früher, das waren 1.000 Tonnen Abfallsand pro Jahr. Heute sind es gerade einmal 15 Prozent dieser Menge in Form von Staub.

Weiter erläutert der Firmenchef des inzwischen 93 Jahre bestehenden Zweibrücker mittelständischen Unternehmens mit 30 Beschäftigten: „Anders gesagt, wir geizen damit am immer kostbarer werdenden Natur-Rohstoff „Gießereisand“. Zum anderen schonen wir durch erheblich weniger Abfall den ohnehin schon knappen Deponieraum.“


Obwohl etliche Kilogramm am Haken des Kettenzuges hängen, ist präzise Millimeterarbeit gefragt, wenn der Kern in die Gussform zu setzen ist.

Herzstück dieser Zwei-Millionen-Umweltschutzinvestition ist eine vollelektronische SPS-Steuerung. Sie gibt auf einem kleinen Bildschirm minutiös jeden Betriebsvorgang an. Sollten Fehler auftreten, wird genau angezeigt, wo und was zu der Störung führte. Dipl.-Ing. Buchholz: „Die Bedienungsmannschaft muss also nicht erst lange suchen und u. U. noch den Betriebselektriker holen. Sie kann die Betriebsstörung in der Regel sofort selbst beheben.“

Welche Sandart sich im Augenblick in der Wiederaufarbeitungsphase befindet, darüber informiert ständig eine Art Gleisbild-Anlage. Dies ist deshalb notwendig, weil Buchholz in der Kaltharz-Formerei zu 100 Prozent mit Recyclingsand arbeitet. Dies bedeutet, dass die prozessbedingten Verluste mit wieder aufbereitetem Sand aus der Kleinserienformerei ausgeglichen werden. „Nur in der Kleinserien-Formerei werden die Staubverluste durch Neusand ersetzt. Aber auch hier wird zu mehr als 90 Prozent mit Recyclingsand gearbeitet“, erläutert man bei Buchholz.

Die Wiederaufbereitung beginnt vom Prinzip her mit dem Auspackrost. Er fördert den Formsand in einen Knollenbrecher. Dieser wiederum zerkleinert die groben Teile auf Sandkorngröße. Per Schwingsieb wird dann das Überkorn ausgeschieden.

Nächste Station ist ein Zwischensilo. Dann steht die Regenerierung auf dem Programm. Dabei wird streng getrennt nach den beiden Sandsystemen, mit denen man bei Buchholz arbeitet. Firmenchef Walter Buchholz dazu: „Wenn wir für Gussprodukte das Sandsystem wechseln müssen, wird die Aufbereitungsanlage zunächst einmal komplett leer gefahren, ehe die Wiederaufbereitung des jetzt eingesetzten Systems anläuft.“


Ehe u. a. an dieser „Abfüllstation“ ein solcher überdimensionaler Staubbeutel gefüllt ist, sind die Gießereisände bei Buchholz & Cie. bis zu 25-mal in der elektronisch gesteuerten und überwachten Sand-Recycling-Anlage wieder aufbereitet worden.

Einen Weltrekord der besonderen Art verzeichnet das Zweibrücker Familienunternehmen mit seinem Drehtrommelofen. Bereits auf deutliche Energieeinsparung und Halbierung der Emissionen umgestellt, läuft das Herzstück der Buchholz & Cie. Gießerei GmbH seit über 4.000 Chargen ohne jegliche Neuzustellung alleine mit so genannter Buchholz’scher „Futterkosmetik“. Eine Standzeit, die weltweit kein weiteres Unternehmen bisher erreicht hat. „Zum Vergleich“, so der Firmenchef, „es gibt heute noch genug Öfen, die noch keine 100 Chargen reichen.“

Der Kundenkreis des Unternehmens reicht von „A“ wie Automobilbau, über „N“ wie Nahrungsmittelindustrie, bis „Z“ wie Zerkleinerung. Dabei hat man es allerdings nicht mit den großen Stückzahlen. Die Serie „Eins“ ist in Zweibrücken nichts Außergewöhnliches.

Dipl.-Ing. Walter Buchholz: „Unsere Fertigung lässt sich, vereinfacht dargestellt, in folgende Gruppen einteilen. Da wäre die Handformerei mit durchschnittlich 10 bis 2.800 kg schweren Gussteilen und ,Serien‘ von ,Eins‘ bis ,Fünf‘. Die mechanisierte Kleinserienformerei fertigt Teile mit Gewichten von 0,5 bis 50 kg mit einer Stückzahl zwischen zehn und 500: durchschnittlich 15 Kilogramm Abgussgewicht in einer Stückzahl zwischen zehn und 500. Das sind die typischen Losgrößen des mittelständischen Maschinenbaus. Gegossen werden bei uns die Teile inzwischen zu mehr als 80 Prozent in Kugelgraphitguss. Der Rest ist Grauguss.“


Seit Menschengedenken gehören sie zusammen: Gießer und Feuer.

Neue Ziele steuert das Unternehmen mit zwei vor kurzem erworbenen Induktionsöfen unter dem Stichwort „thermisch und mechanisch hoch belastete Werkstoffe“ an. Mit ersteren kam es bereits zu Erfolgen im Bereich von Prototypen und Vorserien für die Automobilindustrie. Erste erfolgreiche Schritte im Bereich der Vorserie für die Automobilindustrie sind bereits abgeschlossen. „Wir sind auf diesem Gebiet aber nicht nur im Pkw-Bereich engagiert, sondern betreten auch das weite Feld der größeren Leistungsklassen, z. B. für Schiff, Schiene und Energie“, erläutert der Firmenchef.

Der Anstoß dazu kam aus dem Wunsch, günstigere und erhöhten Ansprüchen gerecht werdende, konstruktiv verbesserte Gussteile zu produzieren. „Was die mechanisch hoch belasteten Werkstoffe angeht“, sagt Dipl.-Ing. Buchholz, „ist dies an sich ein in der Gießerei-Technik bei Stahl altbekanntes Verfahren, um hohe Festigkeiten zu erzielen. Auf Kugelgraphit-Eisen angewandt, ist es jedoch relativ neu und außer in den USA noch nicht sehr verbreitet. Wir stellen demnächst erste Prototypen her, die vor der Serienfertigung einer intensiven Prüfung und Belastung unterzogen werden – falls erforderlich bis zum Crash. Überzeugen soll das sichere und bessere Produkt. Mit derart anspruchsvollen Teilen und einem Know-how, das mit und für den Maschinenbau entwickelt wird, kann dies für Buchholz & Cie. als mittelständische Gießerei durchaus ein weiteres wichtiges Standbein auf dem Weg ins zweite Unternehmens-Jahrhundert werden.“

Jürgen Fielstette